Wird das Steuerstrafrecht verschärft? Die Ampelkoalition will Steuerhinterziehung jedenfalls stärker bekämpfen. Im Koalitionsvertrag der rot-gelb-grünen Bundesregierung findet sich das Wort Steuerhinterziehung gleich an fünf Stellen. Steuerhinterziehern und Steuervermeidern soll es verschärft an den Kragen gehen. Das ist geplant:

Strategisches Vorgehen gegen Steuerhinterziehung

Die Ampelkoalition hat das Steuerstrafrecht im Blick. Ein strategisches Vorgehen soll dabei helfen, Finanzmarktkriminalität und Geldwäsche gemeinsam ins Fadenkreuz zu nehmen.

„Das strategische Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, Finanzmarktkriminalität und Geldwäsche werden wir im Bundesfinanzministerium organisatorisch und personell stärken, und dabei auch Zoll, Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und die Financial Intelligence Unit (FIU) stärken“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Wie diese Stärkung aussehen wird, bleibt offen. Die Zahl der gemeldeten Geldwäscheverdachtsfälle bleibt in Deutschland jedenfalls bisher hinter den Zahlen anderer Länder zurück.

Zur Orientierung: Im Financial Secrecy Index (FSI) 2020 des Tax Justice Network rangiert Deutschland auf Rang 14, gefolgt von Panama, das in diesem Ranking besser abschneidet als Deutschland. Angeführt wird die Liste von den Cayman Islands.

Steuerstrafrecht kämpft gegen Steuerhinterziehung als eine Frage von Gerechtigkeit und Fairness

Steuerhinterziehung und aggressive Steuergestaltungen mit größtmöglicher Konsequenz zu verfolgen und zu unterbinden sei eine Frage der Gerechtigkeit und der Fairness, heißt es weiter im Koalitionsvertrag. Das erklärte Ziel: Deutschland soll beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Regierung will die Steuerhinterziehung eindämmen.

Seit dem 01. Juli 2020 gibt es eine Mitteilung-/Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Damit wurde die (EU) Richtlinie 2018/822 in innerstaatliches Recht umgesetzt.  Wer entsprechend § 138 d der Abgabenordnung (AO) eine grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet, muss dies dem Bundeszentralamt für Steuern mitteilen.

Mitteilungspflicht auch für nationale Steuergestaltungen geplant

Die Ampelkoalition will nun auch eine Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen, die Unternehmen ab einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro treffen soll. Das geht über den Regelungsgehalt der (EU) Richtlinie hinaus. Denn hier ist die Einführung einer nationalen Meldepflicht nicht vorgesehen. Aus der Finanzverwaltung hört man denn auch eher kritische Stimmen, die bezweifeln, dass dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird.  

Umsatzsteuerbetrug gemeinsam mit den Ländern bekämpfen

Ferner soll der Umsatzsteuerbetrug in Zusammenarbeit mit den Ländern bekämpft werden. Die Installation eines bundesweiten elektronischen Meldesystem für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen ist angepeilt, um dieses Ziel zu erreichen. Auf EU-Ebene wird sich die Koalition für ein „endgültiges Mehrwertsteuersystem“ einsetzen. Gedacht ist hier an das Revese-Charge-Verfahren.

Datenaustausch zwischen Finanzaufsicht und Steuerbehörden

Auch missbräuchlichen Dividendenarbitragegeschäften soll der Garaus gemacht werden. Erlittene Steuerschäden werden konsequent zurückgefordert und eingezogen werden. Künftig soll der Daten- und Informationsaustausch zwischen Finanzaufsicht und Steuerbehörden möglich sein bei Verdachtsfällen der missbräuchlichen Dividendenarbitrage und des Marktmissbrauchs.

Globale Mindestbesteuerung soll kommen

Weiteres Ziel ist die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung. Einkommen, die aus Deutschland abfließen, sollen angemessen besteuert werden. Vermeidung sowohl von Nicht- als auch Doppelbesteuerung ist das Ziel.

Dazu wird die Quellenbesteuerung durch eine Anpassung der Doppelbesteuerungsabkommen ausgeweitet und die Zinsschranke durch eine Zinshöhenschranke ergänzt, um ungewünschte Steuergestaltung zu vermeiden. Wie dieses Instrument aussehen soll, bleibt unklar.

Ausweitung des internationalen Informationsaustausches

Die Liste der Steueroasen in der EU soll ständig aktualisiert werden. Die OECD – Regeln gegen Umgehungsgestaltungen beim internationalen Finanzkonteninformationsaustausch (CRS und FACTA) will die neue Bundesregierung umsetzen und sich auch für eine Ausweitung des Informationsaustausches einsetzen.

FACTA ist ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika. Es soll die Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten fördern.

Gegenseitige meldepflichtige Informationen sind Kontoinformationsdaten für das vorangegangene Kalenderjahr (Kontostand, Erträge) sowie persönliche Angaben des gemeldeten Kontoinhabers. Die gemeldete Information von Vor- und Nachname, Steueridentifikationsnummer, Adresse und Geburtsdatum soll die genaue Zuordnung ermöglichen.

CRS steht für Common Reporting Standard und dient als internationales Verfahren zum Austausch von Finanzkonteninformationen ebenfalls dem Ziel, grenzüberschreitende Sachverhalte aufzudecken und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Ob die Zahl der steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren ansteigt, wenn die geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden und am Ende eine Verschärfung des Steuerstrafrechts steht, wird sich zeigen.

Bild © Basti93 / Pixabay

Über den Autor

Stefan-Christoph Birch ist Hamburger Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Experte für Steuerstrafrecht in eigener Kanzlei. Wenn der Norddeutsche nicht gerade Mandanten vor dem Zugriff des Finanzamts schützt oder Videos zum Thema dreht, joggt er entweder am Ostseestrand oder kocht für seine Familie.

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