Bei steuerlichen Verfehlungen ist die Selbstanzeige oft der letzte Ausweg, um ein Bußgeld oder eine Strafe zu verhindern. Das klappt aber nur, wenn keine „Sperrgründe" vorliegen, die erfolgreiche Selbstanzeigen verhindern und den Weg in die Straffreiheit versperren.
Ihnen wird ziemlich mulmig, weil auf dem Schreibtisch bereits ein Brief vom Finanzamt liegt und eine steuerliche Außenprüfung ansteht? Eine kleine Chance haben Sie selbst jetzt noch:
Die Prüfungsanordnung muss Ihnen bekannt gegeben worden sein. So verlangt es die Abgabenordnung. Das ist jedoch nicht automatisch der Fall, nur weil das Schreiben des Finanzamts in Ihrem Briefkasten liegt. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO schafft Klarheit:
Drei Tage nach der Aufgabe zur Post durch die Finanzverwaltung gilt die Prüfungsanordnung Ihnen gegenüber als bekannt gegegeben bzw. zugegangen. Vom Datum des Poststempels auf dem Briefumschlag gerechnet, bleiben Ihnen jetzt noch drei Tage Zeit, um eine Selbstanzeige abzugeben.
Halten Sie jedoch bereits ein Schreiben in den zittrigen Händen, mit dem Ihnen soeben die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben worden ist? Dann gibt es keine Chance mehr, eine Selbstanzeige mit Aussicht auf Strafbefreiuung abzugeben.
Das gilt auch, wenn ein Amtsträger der Finanzverwaltung vor der Tür steht, sich ausweist und Ihnen mitteilt, dass er eine sogenannte Umsatzsteuernachschau vornehmen möchte. Auch dann ist es zu spät für eine Selbstanzeige.
Die von der Umsatzsteuernachschau betroffenen Jahre sind gesperrt. Eine Selbstanzeige würde ins Leere gehen.
Straffrei durch steuerstrafrechtliche Selbstanzeige? Fehlanzeige!
Alles nicht so schön, was Ihnen in diesem Moment durch den Kopf geht und Ihr Herz schneller schlagen lässt.
Fakt ist jedenfalls, dass bei diesen schweißtreibenden Szenarien eine steuerstrafrechtliche Selbstanzeige nicht mehr möglich ist. Warum? Weil es im Steuerstrafrecht gesetzliche Sperrgründe gibt, die in § 371 Abs. 2 AO geregelt sind. Liegen sie vor, ist der Weg in die Selbstanzeige versperrt.
Vorbei ist es auch mit der durch die Selbstanzeige angepeilten Straffreiheit, wenn die Tat zum Zeitpunkt der Berichtigungserklärung bereits entdeckt war und der Steuerpflichtige – also Sie – dies wusste oder bei „verständiger Sachlage" damit rechnen musste.
Wann genau ist die Tat entdeckt? Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sicher der Fall, wenn der Abgleich mit der Steuerakte erfolgt ist und damit feststeht, das Sie Einkünfte nicht oder unvollständig erklärt haben.
Aber die Tat kann auch schon früher, vor dem Abgleich mit der Steuerakte, als entdeckt gelten, so der BGH. Zum Beispiel dann, wenn Ihnen nahestehende Menschen sich entsprechend geäußert und Sie „verpfiffen" haben.
Kenntnis von der Entdeckung der Tat unterstellt Ihnen der BGH auch, wenn Sie wissen, dass das Finanzamt oder ein anzeigewilliger Dritter von Ihrer Steuerhinterziehung so viel weiß, dass bei einer vorläufigen Bewertung Ihrer Tat es am Ende wahrscheinlich zu einer Verurteilung kommt.
Auch wenn Sie nicht wissen, dass Ihre Steuerhinterziehung bereits entdeckt ist, Sie aber bei "verständiger Würdigung der Sachlage" damit hätten rechnen müssen, ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ebenfalls nicht mehr möglich.
Salopp formuliert: Bei der Sachlage hätte es sich Ihnen doch aufdrängen müssen, dass Sie auffliegen.
Selbstanzeige führt nicht immer zur Straffreiheit
Selbst wenn Sie all diese Klippen umschifft haben, kann der „automatische“ Weg in die steuerstrafrechtliche Straffreiheit versperrt sein, wenn der hinterzogene Steuerbetrag bestimmte Grenzen übersteigt. Aber auch dann ist die Tür zur Straffreiheit noch nicht endgültig verschlossen.
Sie können Ihren Kopf jetzt nur aus der Schlinge der Strafbarkeit ziehen und doch noch straffrei ausgehen, wenn Sie einen Zuschlag zahlen. Der Zuschlag richtet sich nach der Höhe des hinterzogenen Steuerbetrags.
Genauer gesagt, werden zwischen 10% bis maximal 20% der hinterzogenen Steuern als Zuschlag fällig, abhängig von der Höhe des jeweils hinterzogenen Steuerbetrages.
Beträgt der Hinterziehungsbetrag mehr als 25.000,00 € aber nicht mehr100.000,00 €, fallen 10% des Hinterziehungsbetrags als Zuschlag an. Bei über 100.000,00 € aber nicht mehr als 1.000.000,00 € sind es 15% und ab einem Betrag über 1.000.000,00 € gar 20%. So bestimmt es § 398a AO.
Das Finanzamt setzt den Zuschlag fest. Wenn Sie fristgerecht zahlen, ist der Fall für Sie erledigt. Sie haben Ihre Steuerhinterziehung korrigiert, ohne bestraft zu werden.
Mit etwas Milde rechnen
Kann die Selbstanzeige keine Wirksamkeit entfalten, weil einer der Sperrgründe vorliegt, dann müssen Sie das Straf- oder Bußgeldverfahren über sich ergehen lassen. Das – gescheiterte – Bemühen, die steuerlichen Angelegenheiten durch eine Selbstanzeige grade zu rücken, wirkt sich nur noch im Rahmen der Strafzumessung aus.
Mit anderen Worten: Wenn Sie die Karten offen auf den Tisch legen, können Sie vielleicht mit etwas Milde rechnen.
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Über den Autor
Stefan-Christoph Birch ist Hamburger Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Experte für Steuerstrafrecht in eigener Kanzlei. Wenn der Norddeutsche nicht gerade Mandanten vor dem Zugriff des Finanzamts schützt oder Videos zum Thema dreht, joggt er entweder am Ostseestrand oder kocht für seine Familie.